Ich bin beschäftigt, aber nicht wirklich ausgelastet. Gestern habe ich wieder bei einer Vorlesung hospitiert, in der ca 50 Studentinnen und ein Student mit einer sehr spröden Methodenlehre (Methodology) aus einem vermutlich englischen Handbuch beschäftigt wurden. Besagtes Lehrbuch liegt in digitaler Form vor und wird dann auf dem Smartboard abgearbeitet, meist Seite für Seite in für mich, der ich immer hinten saß, zu kleiner Auflösung. Die Dozentin, eine sehr adrette Dame mit fast japanischem Profil, gab mir zu verstehen, dass diese Veranstaltungsform nicht ihre Lieblingsbeschäftigung ist und ich habe sie damit getröstet, dass so nun mal akademisches Arbeiten sei.

Bei den beiden letzten Veranstaltungen (‚Workshops‘) zum aktuellen Sprachwandel und zum Thema „Leichte Sprache“ war der Raum immer randvoll, das ist schön, aber ich bin mir nicht sicher, wie das einzuschätzen ist. Die männlichen Studenten platzieren sich mit Vorliebe in die hintersten Reihen, wo eigentlich am wenigsten Platz ist, so dass sie da zwangsweise dichtgedrängt sitzen müssen ud das Smartboard kaum mehr zu sehen ist. Ich leite die Veranstaltungen mit einer Umfrage ein, wobei die Teilnehmer mit ihren Smartphones ihre Statements auf das Smartboard senden können. Das kommt gut an, wenn man gleich zu Beginn das Handy benutzen darf, aber es kommt auch immer mal dummes Zeug dabei raus, was einen schon verwundern mag. Und morgen geht es dann auch in den Computerraum und ich versuche ein paar interaktive Unterrichts-Apps vorzustellen und auszuprobieren. Sozusagen ein Blick in die nahe oder noch nicht so nahe Zukunft.
Im Übrigen gewinne ich mehr und mehr den Eindruck, dass es nicht das Ziel der meisten Studentinnen ist, Deutsch-Lehrerinnen zu werden. Sie wollen schon hinaus in die weite Welt, dem stehen – so merkwürdig das erscheinen mag – nur die bzw. ihre Männer im Wege, die da andere Vorstellungen haben. Askar z.B., mein geschätzter Kollege und bester Deutsch-Sprecher im ganzen Kollegium, sieht es nicht ein, dass seine junge Frau nach dem Studium arbeiten sollte, wenn er doch alles tut, inklusive Überstunden, damit sie sich in Ruhe ihrem ersten und bald zweiten Kind widmen kann. Das sind interessante Gespräche, die wir auf unserer Buchara-Fahrt geführt haben und ich habe versucht, mehr guter Zuhörer als moderner Deutscher zu sein. Am Ende gehen die Frauen doch alle arbeiten, z.B. an der Universität, haben drei bis fünf (!) Kinder und das Leben geht seinen Gang.
* Die Figur auf dem Esel ist Hodscha Nasreddin, ein Weiser und ein Narr zugleich, eine Art Eulenspiegel des Orients, der in Buchara gelebt haben soll. Nasreddin-Geschichten sind auch in deutsche Lesebücher eingegangen.